Wie Führungskräfte ihr Team erfolgreicher machen
Nachdem ich im letzten Blogbeitrag darüber geschrieben habe, welches die Erfolgsfaktoren für ein gut funktionierendes Team sind (Link), kommt heute – wie angekündigt – eine ganz wichtige Ergänzung: die Rolle der Führungskraft. Was kann sie dazu beitragen, dass das Zusammenspiel zwischen den Team-Mitgliedern klappt? Und welches sind potenzielle Stolpersteine, auf die sie achten muss?
Im letzten Blogbeitrag habe ich viel darüber geschrieben, wie wichtig die Eigenmotivation und das Zusammengehörigkeitsgefühls des Teams für seinen Erfolg sind. Wenn man diesen Gedankengang weiterspinnt, mögen sich vielleicht einige fragen: für was braucht es dann noch einen Chef? Basierend auf meinen langjährigen Erfahrungen als Vorgesetzte und Coach ist meine Meinung dazu glasklar: der Führungskraft kommt eine sehr wichtige Rolle zu.
Die Mitarbeitenden brauchen Spielräume, um sich entfalten zu können. Aber sie brauchen auch Leitplanken, ein klares Ziel und genügend Wertschätzung, um zufrieden und erfolgreich sein zu können. Und das kriegen sie von der Führungsperson oder es wird mindestens gemeinsam mit ihr erarbeitet (Ziel). Wie Sie merken, bin ich keine grosse Befürworterin von sich selbst führenden Teams. Meine jahrelange Erfahrung als Cheffin, als Mitglied von Teams und jetzt auch als beobachtender Coach hat mir gezeigt, was Menschen brauchen und wie sie eine optimale Leistung erbringen können.
Wertschätzung zeigen und Mitarbeitende entwickeln
Was sind nun die Beiträge, die eine Führungskraft zum Erfolg ihres Teams leisten kann?
- Wertschätzung zeigen: ALLE Menschen brauchen Wertschätzung, Aufmerksamkeit, irgendeine Art von Zuneigung. Sonst gehen sie ein. Im 13. Jahrhundert hatte der Stauffenkaiser Friedrich II ein Experiment durchgeführt, das diese Theorie auf eine absolut grausame Art bewies: er liess neugeborene Babys füttern, aber sie durften keinerlei Zuwendung oder Aufmerksamkeit erhalten, weder physisch noch mit Worten. Die Kinder starben alle. Der Mensch lebt nicht nur von Wasser und Brot. Er will wahrgenommen werden und sich zugehörig fühlen. Zeigen Sie also als Führungskraft, was Ihnen an Ihren Mitarbeitenden liegt, geben Sie ihnen Feedback (positives und negatives), und feiern Sie gemeinsam Erfolge – das verbindet, so unter dem Motto: „das haben wir nur gemeinsam geschafft!“. Mehr zum sehr wichtigen Thema Wertschätzung in einem früheren Blogbeitrag: https://stressandbalance.ch/2019/11/12/unterschaetzte-wertschaetzung-in-der-fuehrung/.
- Mitarbeitende individuell behandeln: Menschen sind verschieden – abhängig von ihren Erfahrungen, Prägungen, Charaktereigenschaften und dem Niveau ihres Selbstwerts. Sie müssen also auch individuell behandelt werden, damit sie voll leistungsfähig sein können. Wie ich vorher geschrieben habe, brauchen alle Menschen Wertschätzung – aber unterschiedlich viel. Und wie viele Vorgaben brauchen Ihre Leute, wer weniger, wer mehr? Setzen Sie die Leute nach Ihren Stärken ein – Schwächen auszumerzen braucht viel mehr Energie und ist weniger erfolgversprechend.
- Auswahl-Kriterien: Bei der Auswahl der Team-Mitglieder darf nicht nur auf die fachlichen Fähigkeiten der Einzelnen geachtet werden. Es braucht Team-Player, die über kommunikative Fähigkeiten verfügen, eine Eigenmotivation haben und das Wohl des Ganzen über ihr persönliches Wohl stellen. Schauen Sie zudem darauf, dass keine zu grosse Unterschiede im Leistungsniveau herrschen. Die Fähigkeiten und Ausprägungen sollten jedoch unterschiedlich sein. Ideal ist eine ausgewogene Mischung von Beratertypen, Kreativen, Machern und Organisatoren, die sich gegenseitig ergänzen. Vielfalt (in verschiedener Hinsicht) belebt.
- Befähigen anstatt befehlen: Früher haben die Chefs einfach befohlen, und die Mitarbeitenden mussten die Befehle ausführen. Das ist zum Glück überholt, da dies die Motivation und Eigenverantwortung der Leute senkt. Befähigen, entwickeln, coachen Sie Ihre Mitarbeitenden – machen Sie sie also stärker. Menschen möchten sich einbringen und sich weiterentwickeln – Sie können und sollten dies fördern. Diese Investition lohnt sich für Sie und Ihre Leute. Studien zeigen leider, dass Führungskräfte sich in dieser Hinsicht tendenziell zu gute Noten geben – sie bewerten sich besser, als die Mitarbeitenden dies tun. Gehen Sie in Selbstreflexion, was Ihre Angestellten diesbezüglich über Sie sagen würden.
Wir-Gefühl und effiziente Organisation
- Gute Team-Kultur: Im letzten Blog habe ich darauf hingewiesen, dass eine konstruktive Fehlerkultur massgeblich zu Innovation und dauernden Verbesserungen beitragen kann. Thomas Watson, der Gründer von IBM, hat es treffend auf den Punkt gebracht: „Um erfolgreich zu werden, musst Du Deine Fehlerquote verdoppeln.“ Sie als Chef haben einen massgeblichen Einfluss darauf, ob in einem Team (idealerweise im ganzen Unternehmen) Fehler machen erlaubt ist und wie man damit umgeht, wenn Fehler effektiv passieren. Fangen Sie am besten gleich bei sich selber an. Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht als Chefin, als ich immer wieder mal gegenüber meinen Mitarbeitenden zugegeben habe, dass auch ich nicht alles weiss und kann. Andererseits sind Mitarbeitende auch froh, wenn Sie Ihr Wissen teilen und dadurch alle Team-Mitglieder anregen, dies auch zu tun.
- Gemeinsame Aktivitäten: Einer guten Team-Kultur förderlich sind – wie im letzten Blog kurz erwähnt – auch gemeinsame Aktivitäten ausserhalb des Büros, seien es lediglich ein Apéro oder ein grösserer Team-Event (als Workshop oder nur ein gemeinsames Erlebnis). Wenn man sich besser kennt, vertraut man sich eher. Planen Sie also regelmässig solche Aktivitäten.
- Gemeinsame Ziele, Werte und Regeln: Eine ganz grosse Bedeutung für den Erfolg eines Teams haben gemeinsame Ziele, Werte und Regeln (z.B. Pünktlichkeit), wie ich letztes Mal schon erläutert habe. Auch hier nehmen Sie als Führungskraft eine wichtige Rolle ein: Sie sorgen für Klarheit (eines der wichtigsten Stichworte in diesem Zusammenhang) und sind Moderator und Mediator. Viele Führungskräfte machen den Fehler, dass sie ihren Bereich nur auf sachliche Effizienz, Leistung und Wettbewerb ausrichten, was aber die Motivation und den Eigenantrieb der Mitarbeitenden nicht fördert, ja, eher senkt. Die Mitarbeitenden müssen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und ein Zusammengehörigkeits-Gefühl entwickeln.
- Kommunikation: Überlegen Sie, welche Informationen die Mitarbeitenden brauchen und welche nicht. Vielleicht benötigen auch nicht alle die gleichen Infos. Seien Sie so transparent wie möglich und sagen Sie auch, wenn etwas noch unklar ist. Dies vermeidet falsche Interpretationen. Doch denken Sie nicht nur an die sachliche Information, sondern auch an Dinge, die für die Mitarbeitenden persönlich wichtig sind: Geburt eines Kindes, Geburtstag, Krankheiten in der Familie usw.
- Konflikte vermeiden und lösen helfen: Haben Sie die Augen und Ohren offen, um zu erkennen, wo Konflikte schwelen. Regen Sie Ihre Mitarbeitenden an, diese auszudiskutieren und damit zu lösen (wenn nötig unter Ihrer Vermittlung). So werden Probleme schneller behoben, und alle können ihre Energie wieder vorwärts gerichtet einsetzen. Wenn Schwierigkeiten und Konflikte wegen Querulanten oder Negativ-Denkern jedoch nicht aus dem Weg zu räumen sind, ist mein Tipp klar und deutlich: stellen Sie sie so schnell wie möglich frei. Sie sind Gift für ein Team.
- Klare Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten: Menschen müssen wissen, woran sie sind, was ihr genauer Beitrag zur Erreichung der Ziele sind. Vermitteln Sie diese Klarheit. Und prüfen Sie auch immer wieder, ob die Belastung fair verteilt ist.
- Effiziente Prozesse und Meetings: Das tönt so simpel, dass Sie vielleicht sagen: „Ist ja logisch!“ Aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen aber sagen: es gibt in der Tat viele Reibungsverluste in Teams, weil die Prozesse nicht klar oder zweckdienlich sind, ein Projekt nicht richtig geplant ist und Meetings nicht gut vorbereitet und effizient geführt werden. Tipps hierzu finden Sie in einem früheren Blogbeitrag: https://stressandbalance.ch/2018/04/10/wie-steigere-ich-meine-effizienz-teil-2/. Meine Erfahrung zeigt, dass es in Meetings angeregtere Diskussionen gibt, wenn der Chef nicht gleich von Anfang seine Meinung kund tut, sondern unterschiedliche Meinungen ausgetauscht werden. Lassen Sie als Führungskraft also zuerst die anderen sprechen. Ihre ursprüngliche Meinung muss ja nicht immer die richtige sein.
- Entscheidungsfindung: Es gibt Chefs, die ganz alleine Entscheidungen treffen. Ich habe bessere Erfahrungen damit gemacht, wenn Pros und Kons von Entscheidungen im Team diskutiert werden. Idealerweise findet man gemeinsam zu einer Lösung. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, liegt die Entscheidung bei Ihnen als Chef. Sie tragen ja schliesslich auch die Verantwortung.
Als Führungskraft können Sie also massgeblich zum Erfolg Ihres Teams beitragen. Entscheidend sind sowohl soft als auch hard factors. Für mich sind Führungskräfte wie Leuchttürme, sie weisen den Weg und bieten so Unterstützung, aber die Mitarbeitenden fahren die Strecke selbst, am besten als Crew. Ihnen und Ihrem Team viel Erfolg dabei!
© Claudia Kraaz