DAS KRAFTRESSOURCEN-MODELL
Als Führungs- und Stress-Coach arbeite ich zu einem grossen Teil mit den Methoden (Rück-)Fragen stellen, den Spiegel vorhalten und neue Perspektiven einnehmen lassen. Aber es gibt auch viele wertvolle Tools, die ich in den Coachings einsetze. Ein einfaches, aber effektives Tool, das Sie auch ganz alleine (ohne Coach) anwenden können, möchte ich Ihnen heute vorstellen: das Kraftressourcen-Modell.
Die meisten von uns haben ein recht hektisches Leben: viel arbeiten, Haushalts- und andere Pflichten, viele von uns kombiniert mit der Betreuung von Kindern, und ein (manchmal zu) aktives Freizeitleben. Es wird uns selten langweilig! Aber in diesem dauernden Rennen geht manchmal das Bewusstsein verloren, welche der vielen Aktivitäten uns gut tun und welche uns weniger gut tun oder sogar schaden. Das Kraftressourcen-Modell von Jana Jeske, einer deutschen Coach, hilft einem, sich wieder mal seine Ressourcen und seine Stressoren in den wichtigsten Bereichen unseres Lebens bewusst zu machen.
Das Beste am Kraftressourcen-Modell ist meines Erachtens die Einfachheit und Übersichtlichkeit des Tools. Wie funktioniert es? Sie schreiben für folgende sechs verschiedene Bereiche Ihre wichtigsten Ressourcen (man könnte sie auch Energiespender nennen) und Stressoren (oder Energieräuber) auf und stellen sich dabei u.a. die folgenden Fragen dazu:
- Job: Welche Tätigkeiten liegen Ihnen besonders? Was gibt Ihnen Befriedigung? Was muss an einem Arbeitstag passieren, dass Sie abends zufrieden nach Hause gehen? Welche Situationen und Handlungen anderer stressen Sie bei der Arbeit? Was tun Sie immer wieder, obwohl es Ihnen nicht gut tut?
- Familie: Welche Dinge mögen Sie besonders im familiären Umfeld? Welche Dinge würden Ihnen fehlen, wenn Sie alleine leben würden? Was verursacht Stress im familiären Umfeld?
- Meine Zeit: Womit beschäftigen Sie sich am liebsten in Ihrer persönlichen freien Zeit? Welche Dinge tun Sie regelmässig für sich selber, die Ihnen Kraft geben? Wann sind Sie unzufrieden oder gestresst nach einem freien Tag?
- Kontakte: Welche Personen sind Ihnen wichtig, und was tun Sie mit ihnen? Welche Dinge stressen Sie, wenn Sie mit anderen Personen zusammen sind?
- Wohlbefinden: Was können Sie tun, um sich kraftvoll und vital zu fühlen? Was ist Balsam für Ihr körperliches und mentales Wohlbefinden? Wann fühlen Sie sich zerschlagen? Was tun Sie, obwohl es Ihnen nicht gut tut?
- Schätze: Welche zusätzlichen Ressourcenschätze gibt es, die Ihnen gut tun, die Sie vielleicht auch lange nicht mehr gemacht haben? Was würden Ihnen Familie oder Freunde raten zu tun, was Ihnen früher schon gut getan hat?
Dann ergänzen Sie diese sechs Bereiche mit Ritualen im Alltag, die Ihnen Kraft und Struktur geben. Zum Schluss zeichnen Sie sich selbst als Person auf ein Querformat-Blatt und übertragen in grüner Schrift links vom Körper die vier wichtigsten Ressourcen aus dem gesamten Modell, welchen Sie zukünftig mehr Zeit widmen wollen. Und Sie notieren in roter Schrift auf der anderen Seite die Stressoren, die Sie zukünftig möglichst vermeiden wollen. Wenn Sie diese Massnahmen definiert haben, fragen Sie sich: Was kann ich wie umsetzen? Was sind die Voraussetzungen dafür? Gibt es mögliche Stolpersteine, und wie kann ich diesen begegnen? Und dann einfach tun!
Mein persönliches Kraftressourcen-Modell
Damit Sie sich etwas konkreter vorstellen können, was unter den sechs Bereichen und unter den Ritualen verstanden werden kann, stelle ich Ihnen hier nun mein ganz persönliches Kraftressourcen-Modell vor. In grüner Schrift habe ich diejenigen Ressourcen markiert, die ich künftig stärken will, und in roter Schrift diejenigen Stressoren, die ich künftig möglichst vermeiden will:
Job:
+ keine Routine, ganz viel Abwechslung
+ perfekte Mischung zwischen Einzelbegegnungen (Coachings) und der Arbeit in Gruppen/Organisationen (Referate/Workshops)
+ Kontakt mit vielen spannenden Menschen
+ grosse Befriedigung durch die Weiterentwicklung meiner Kunden
+ ich bin meine eigene Chefin und dadurch flexibel
– einige Kunden haben unrealistische Erwartungen
Familie:
+ mein mich bedingungslos liebender Mann
+ meine zwei mich bedingungslos liebenden Kinder
+ dass ich meine Mutter noch habe
– Streit und Krankheiten meiner Kinder
– mangelnde Gelassenheit, wenn meine Kinder mich „anmotzen“ oder nicht auf mich hören
– kürzlicher Tod meines Vaters
Meine Zeit:
+ Lesen
+ Meditieren
+ Massagen
+ romantische Filme schauen
+ meine Familien-Auszeiten
– viele Verpflichtungen am Wochenende und abends (Haushalt usw.)
– bräuchte mehr Zeit alleine, als ich habe
Kontakte:
+ Gespräche mit meinem Mann
+ mich mit guten Freundinnen austauschen
+ Freunde zu uns zum Essen einladen
+ dass meine Töchter so tolle Freundinnen haben
– zu wenig Zeit und manchmal auch zu wenig Energie für Gespräche mit meinem Mann
– oberflächliche Gespräche
– unehrliche, sich aufblasende und nicht authentische Menschen
Wohlbefinden:
+ Sport, v.a. Tennis, Skaten, Skifahren und in unserem Garten Tischtennis spielen
+ Wellness
+ gutes Essen und guter Wein
– zu wenig erholsamer Schlaf
– die Folgen des Pfeifferschen Drüsenfiebers, das ich vor einiger Zeit hatte
Schätze:
+ unser Haus
+ unsere zwei Katzen
+ unsere gemeinsamen Ferienerlebnisse
+ Sonne und Wärme
+ Tanzen
+ Kleider einkaufen in meinem Lieblingsladen, der kleinen Boutique Buchelt im Seefeld in Zürich: http://www.buchelt.ch/boutique-kleider
Rituale im Alltag
+ Ruhe am Morgen, bevor die anderen Familienmitglieder aufstehen
+ mich regelmässig an das erinnern, für was ich dankbar bin in meinem Leben
+ regelmässiges Kuscheln mit allen Familienmitgliedern inkl. Katzen
Habe ich Sie mit meinem persönlichen Kraftressourcen-Modell dazu inspiriert, Ihr eigenes niederzuschreiben? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich die Zeit dafür nehmen würden und dadurch künftig noch besser wüssten, was Sie mehr tun und was Sie mehr lassen sollten.
© Claudia Kraaz